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Facebook: Was mir der Newsfeed wirklich zeigt und was man daraus lernen kann

Bild: mkhmarketing.wordpress.com (CC By 3.0)
Bild: mkhmarketing.wordpress.com (CC BY 3.0)

Die Freunde und gelikten Seiten eines durchschnittlichen Facebook-Mitglieds erstellen pro Tag rund 1500 Beiträge, Fotos und Status-Updates. Schon jetzt kann niemand mehr alle Beiträge seiner Freunde und Seiten lesen. Facebook filtert mit einem Algorithmus die Beiträge heraus, von denen das Netzwerk glaubt, dass sie für den User interessant sind

Welche Nachrichten fischt Facebook für mich aus der Masse der Meldungen heraus? Um das herauszufinden, habe ich mir meinen eigenen Newsfeed im Januar 19 Tage lang angeschaut und 360 Statusmeldungen ausgewertet. Das Ergebnis hat mich überrascht: [tweetable] Nicht die Updates der eigenen Freunde, sondern geteilte Artikel spielen die wichtigste Rolle bei Facebook.[/tweetable] Facebook ist längst ein wichtiger Ort, an dem Nachrichten die Menschen erreichen.

Insgesamt 36 Mal habe ich notiert, wie die ersten zehn Postings aussehen, die mir im Newsfeed angezeigt werden: Von welchen Seiten kommen sie? Welche Inhalte zeigen sie? Und wie viel Werbung wird mir angezeigt? Die wichtigsten Ergebnisse habe ich in einem Beitrag für Bild.de aufgeschrieben, in diesem Blogpost möchte ich mehr ins Detail gehen.

Die gefühlte Wirklichkeit

Der Newsfeed gleicht einem Zimmer, in dem wahllos Dinge herumliegen, die man irgendwann mal in der Hand hatte. Eine Rumpelkammer, in die ständig neuer Müll hineingeworfen wird, in der das Chaos täglich größer wird.

Was die Zahlen sagen

Facebook ist für mich in der Hauptsache kein Freundesnetzwerk mehr. Zumindest wenn ich danach gehe, welche Beiträge mir in welcher Anzahl angezeigt werden: Nur noch jedes dritte Posting in meinem Newsfeed stammt von meinen Freunden, die Mehrzahl der Beiträge stammen von News-Seiten, Tech-Seiten, Branchendiensten oder Sportlern.

Diese Auswertung erhebt nicht den Anspruch, wissenschaftlichen Kriterien vollends zu entsprechenden, sondern soll eine grobe Ahnung geben, wie Statusmeldungen auf Facebook verteilt sind. Einerseits habe ich lediglich Stichproben genommen. Andererseits geht es nur um meinen Account. Ich möchte außerdem versuchen, aus den Ergebnissen heraus Lösungen zu entwickeln, um den Newsfeed in meinem Sinne zu verändern.

Meine Verknüpfungen auf Facebook

Die Tabelle zeigt, dass ich mit 802 Personen und Seiten auf Facebook verbunden bin. Mehr als die Hälfte davon sind Freunde. Gemessen an dieser Verteilung werden mir vergleichsweise wenig Postings meiner Freunde im Feed angezeigt, wie die folgenden Tabellen zeigen.


Insgesamt habe ich 360 Statusmeldungen im Newsfeed untersucht: 35 Prozent der Updates kamen von meinen Freunden, die übrigen 65 Prozent verteilen sich auf News-Seiten, Branchendienste, Sportler oder Tech-Seiten. An vierter Stelle stehen Werbepostings, kaum existent sind Beiträge in Gruppen und Hinweise auf Listen.


Die am häufigsten angezeigte Statusmeldung aller Seiten und Freunde im Newsfeed ist die Artikelvorschau. Danach kommen Fotos und Text-Nachrichten. Änderungen von Profil- und Coverbildern, Pinwand-Einträge oder Ortsangaben werden nur selten gezeigt. Das gilt auch für Videos.


Nicht nur News- und Tech-Seiten teilen Links in meinem Feed. Bezogen auf alle Inhalte kommt ein beträchtlicher Teil (30,4 Prozent) der geposteten Links kommt von den eigenen Freunden. Mir werden sogar mehr Links von Freunden in den Newsfeed gespült, als von Tech- oder News-Seiten.


Der hohe Anteil lässt die Vermutung zu, dass meine Freunde nicht nur persönliche Meldungen und Fotos bei Facebook einstellen, sondern auch viele Links posten, die sie mit ihren Freunden teilen wollen. Das bestätigt sich bei der Betrachtung der Inhalte, die nur von den Freunden kommen: Jeder dritte Beitrag meiner Freunde ist eine Artikelvorschau.


In der ersten Abbildung konnte man bereits sehen: 37 der 360 Postings sind Werbung. Das sind fast genau 10 Prozent. Überhaupt zeigt sich in der Werbung ein sehr regelmäßiges Muster im Newsfeed, wie das folgende Diagramm zeigt.


Die Stelle der Werbung ist zum überwiegenden Teil festgelegt: In fast 60 Prozent der Fälle ist das zweite Posting im Newsfeed für Werbung reserviert. Ebenfalls auffällig: Fast nie wurde mir mehr als ein Werbe-Posting angezeigt, dafür war die Werbung in nahezu allen Stichproben zu sehen. Niemals war ein Werbe-Posting an erster Stelle im Newsfeed zu sehen.

Was ich aus dieser Auswertung lerne
Wer in der Masse von Statusmeldungen Ordnung haben will, muss etwas dafür tun. Es ist aus meiner Sicht unrealistisch zu glauben, dass Facebook mir aus diesen Quellen exakt die Meldungen herausfiltert, die mich interessieren. Kein Algorithmus der Welt kann so etwas leisten.

[tweetable]Wer Ordnung in seinem Newsfeed haben möchte, muss selber aktiv werden:[/tweetable]
– Karteileichen bei den abonnierten Seiten ausmisten.
– unerwünschte Statusupdates von Freunden ausblenden.
– Seiten, die man stets angezeigt bekommen möchte, als solche markieren.
– Listen für Freunde und Themen anlegen.

Fazit
In meinem Facebook-Newsfeed geht um Geschichten, in den meisten Fällen um die großer Nachrichtenseiten und/oder solchen, die es verstehen, virale Inhalte einzustellen. Die Erlebnisse und persönlichen Updates meiner Freunde machen dagegen nicht den Hauptteil der Meldungen aus. Das zeigt sich in der Art der angezeigten Beiträge insgesamt, aber auch bei den Postings, die meine Facebook-Freunde teilen.

Mit Blick auf 27 Millionen Facebook-Nutzer in Deutschland ergibt sich ein beträchtliches Pozenzial: Auf Facebook finden die Inhalte die Nutzer, nicht umgekehrt. Besonders aus Sicht von Redaktionen lohnt es sich deshalb, Wissen und Personal investieren, um herauszufinden, wie man mit seinen Inhalten im Newsfeed von Facebeook-Mitgliedern vertreten sein kann. [tweetable]Inhalteersteller handeln fahrlässig, wenn sie sich nicht mit dem Thema Social Sharing auseinandersetzen.[/tweetable]

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