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Aus welchen Ländern die Facebook-Fans der deutschen Nationalspieler kommen – und was das bedeutet

Bild: flickr.com/photos/smemon/ (CC BY 2.0)
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Früher gab es eine Homepage mit Gästebuch. Heute können die deutschen Nationalspieler mit ihren Social-Media-Kanälen innerhalb von Minuten mehr Menschen erreichen, als manche Tageszeitung pro Tag.

Ich habe in diesem Beitrag analysiert, aus welchen Ländern die Facebook-Fans der deutschen Nationalspieler kommen und was das aussagt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrzahl der Spieler längst eine globale Marke ist – auch in Ländern, wo man es kaum vermutet. Die eigene Homepage hat für die Spieler gemessen an Besuchern dagegen kaum noch eine Bedeutung.

Die Übersicht zur Herkunft der Facebook-Fans von deutschen Nationalspielern macht deutlich: Bei einigen Spielern kommen nur zwischen 5 und 15 Prozent der Fans aus Deutschland. Die Infografik zeigt den prozentualen Anteil deutscher Fans bei den Nationalspielern.

facebookfans

Aus der Tabelle lässt sich auch eine ungefähre internationale Populärität ableiten. Spieler wie Özil, Podolski und Khedira – alle spielen im Ausland – haben eine globalere Facebook-Fangemeinde als etwa die Bayern-Spieler Lahm, Schweinsteiger und Müller. Andere Spieler wie Zieler oder Höwedes haben anteilig noch weniger Fans im Ausland.

Interessant ist auch der Blick auf die absoluten Zahlen bei den deutschen Fans der Nationalspieler.

Die Tabelle zeigt, dass das Facebook-Potenzial für die Nationalspieler in Deutschland durchaus begrenzt ist. Kein Spieler hat es bislang geschafft, deutlich mehr als eine Million deutsche Fans zu bekommen. Bei knapp 30 Millionen Facebook-Mitgliedern in Deutschland finde ich das sehr überraschend. Interessant auch: Mesut Özil mit seinen fast 20 Millionen Fans hat in Deutschland absolut gesehen weniger Fans als Manuel Neuer, der insgesamt gerade einmal 3,3 Millionen Fans hat.

Woher kommen die Facebook-Fans der Nationalspieler, wenn nicht aus Deutschland? Die Antwort gibt diese Tabelle:

Da sind durchaus einige Überraschungen dabei: Mesut Özil hat Millionen Fans in Indonesien, fast jeder Spieler hat in Brasilien ähnlich viele Fans, wie in Deutschland. Spanien oder England, also dort wo Khedira, Özil und Podolski kicken, spielen dagegen keine nennenswerte Rolle.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, warum Lukas Podolski seine Beiträge in bis zu fünf Sprachen postet.

Er könnte Postings auch einzeln an die jeweilige Zielgruppe ausspielen, das würde allerdings mehr Arbeit machen. Funfact: Trotz 85 Prozent Facebook-Fans im Ausland ist in Podolskis Facebook-Statistik Köln fast immer als die Stadt aufgeführt, in der die meisten Leute über ihn sprechen.

Achtung! Bevor jetzt die ersten Leute „Mimimimi Fans gekauft“ rufen: Für mich sieht das alles sehr realistisch aus. Schaut euch mal die Top-15 Länder (Stand: 2013) mit den meisten Facebook-Mitgliedern weltweit an.

Statistik: Die Top 15 Länder nach Anzahl der Facebook-User in Millionen (Stand: Juni 2013) | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Genau, Indonesien hat im Vergleich zu Deutschland mal eben mehr als doppelt so viele Facebook-Mitglieder, bei Brasilien ist der Unterschied noch extremer. Nur in den USA scheint man sich schlichtweg nicht für unsere Spieler zu interessieren. Zumindest aus dieser Sicht erklärt sich übrigens auch die Indonesien-Reise des HSV im Januar 2014.

Wie Facebook die klassische Homepage verdrängt hat

Die Zahlen zeigen: Facebook ist für die Nationalspieler derzeit DER Kanal schlechthin. Die klassische Homepage ist allenfalls noch die Visitenkarte mit Kontaktmöglichkeiten und einigen Infos, die eher nach Erfüllung der Chronistenpflicht aussehen.

Wie gering die Reichweite der Spielerhomepages tatsächlich ist, zeigen die Zahlen beim Analysedienst Similarweb. Beispiel Lukas Podolski: Seine Homepage hatte laut diesen Daten im Mai gerade 7000 Besucher. Zum Vergleich: Ich hatte im Mai mehr als doppelt so viele Besucher auf diesem Blog, nämlich 15.000.

Mesut Özil brachte es laut Similarweb mit seiner Homepage im Mai auf 30.000 Besucher. Für Per Mertesacker kann der Dienst keine Daten liefern: zu wenig Traffic.

Diese Tendenz spiegelt sich auch bei Google wieder: Googelt man Mesut Özil, sind die ersten beiden Suchergebnisse sein Wikipedia-Eintrag und das Facebook-Profil, nicht die Homepage. Und so sieht die Autovervollständigung aus.

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Fazit

Die extreme Aufmerksamkeit auf die Social-Media-Kanäle der Spieler sind ein schönes Lehrstück, das zeigt, wie Facebook & Co. die Gewohnheiten zum Nachrichten-Konsum ordentlich auf den Kopf gestellt haben. Eine Homepage als Einstiegsseite ist bei Nationalspielern praktisch bedeutungslos, der Spieler ist im Feed der sozialen Netzwerke präsent.

Natürlich kann man das nicht 1:1 etwa auf News-Seiten und andere Bereiche übertragen. Es ist die extreme Ausprägung einer Entwicklung, die auch klassische Medien betrifft: Nachrichten erreichen die Menschen zunehmend über den Newsfeed bei Facebook oder Twitter. Wer das Publikum dort erreichen will, muss in dem Netzwerk relevant sein. Journalisten sollten sich sehr genau ansehen, was da gerade passiert und was man daraus über die Verbreitung von Nachrichten lernen kann muss, wenn man künftig bestehen will.


Zum Thema:
Was mir der Newsfeed wirklich zeigt und was man daraus lernen kann.

Interview mit Prof. Thomas Horky über die Social-Media-Kanäle der Nationalspieler (2012)

Anmerkung: Die Daten zu den Fans nach Ländern kommen vom Analysedienst Socialbakers. Für Spieler, die oben nicht aufgeführt sind, waren hier keine Daten hinterlegt. Den Datensatz zu den Tabellen im Text findet ihr hier.

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