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Interaktion statt Fanzahlen: Was bei Facebook wichtig ist – erklärt am Wettstreit von Leverkusen mit dem 1. FC Köln

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Foto: Andreas Rickmann

Am 31. Dezember vermeldete Bayer Leverkusen auf seiner Homepage nun „Auch auf Facebook die Nummer 1 am Rhein“ zu sein. Hintergrund: Der Werksklub hatte erstmals mehr Facebook-Fans als der 1. FC Köln.

Die Meldung war der Beginn einer Diskussion über die Anzahl Facebook-Fans vom 1. FC Köln und Bayer Leverkusen, die einigermaßen absurd ist. Die Fanzahl ist in diesem Vergleich nämlich ziemlich unsinnig.

Nachdem die Nachricht die Runde gemacht hatte, meldete sich das Lukas Podolski via Facebook: „Habe irgendwo gehört, die von der anderen Rheinseite haben mehr Facebook-Fans als der FC?“, schrieb Podolski am 2. Januar mit einem Augenzwinkern und forderte seine Facebook-Freunde auf, die FC-Seite zu liken. Ein bisschen Frotzelei und alte Verbundenheit. Der Kölner Stadt Anzeiger berichtete ebenfalls über Podolskis Aufruf.

„Kauft sich Bayer Facebook Freunde“ vermutete der Kölner Express zunächst am 2. Januar und berichtete am 4. Januar über „Die wundersame Vermehrung der Facebook Fans“ , nachdem man Zahlen des Social Media Analysedienstes „Quintly“ bemüht hatte.

Warum dieser Vergleich Blödsinn ist

Schaut man sich die Facebook-Fanzahlen der Bundesliga-Vereine an, bekommt man ungefähre Anhaltspunkte über die Beliebtheit. Aber nicht mehr.

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Facebook-Fanzahlen des 1. FC Köln (blau) und Bayer Leverkusen (grün) seit 2010. Was man sieht: Bei beiden Vereinen verlief die Kurve lange Zeit wenig auffällig.

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Quelle: Wildfire

Die Wachstumszahlen der Facebook-Seite von Bayer Leverkusen in Prozent sind tatsächlich erstaunlich: Stand 3. Januar konnte Bayer seine Fans innerhalb von 3 Monaten mehr als verdoppeln, hatte allein fast 11 Prozent Wachstum innerhalb von 7 Tagen. Das alles in der Winterpause und nachdem das Wachstum über zweieinhalb Jahre keine besonderen Ausschläge aufwies.

Laut den Quintly-Zahlen vom Express kommen 22 Prozent der Leverkusener Facebook-Fans aus Deutschland, beim 1. FC Köln sind es 68 Prozent.

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Quelle: Wildfire

Zum Vergleich: Das sind die Wachstumszahlen vom FC Bayern München und Borussia Dortmund (Stand 3. Januar). Beide verzeichneten 2,5 Prozent Wachstum in den Tagen zum Jahreswechsel.

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Quelle: Wildfire

Was diese Zahlen aussagen? Wenig!

Der Anstieg der Facebook-Fans kann mehrere Gründe haben. Tatsächlich kann Leverkusen innerhalb eines internationalen Spiels besonders viele Fans hinzugewonnen haben. Auch möglich, dass Bayer Leverkusen auf Facebook massiv Werbung geschaltet hat, was völlig normal (und legal) ist. Theoretisch kann auch irgendjemand dem Account Fake-Profile hinzugekauft haben. Dass so etwas der Verein für seine eigene Seite macht, halte ich nach Negativ-Beispielen aus der Vergangenheit eigentlich für ausgeschlossen.

Es gibt also mehrere Möglichkeiten, wie man seine Facebook-Fans in die Höhe treiben kann.

Was bei Facebook wirklich wichtig ist

Dazu kommt: Die Anzahl der Fans ist eine erste Kennzahl. Viel wichtiger aber ist die Lebendigkeit der Community, sprich: Dass diese Fans die Beiträge der Seite angezeigt bekommen, sie als mehrwertig ansehen und mit ihnen interagieren.

Im Dezember berichtete Futurebiz, die organische Reichweite von Facebook-Seiten in Deutschland liege bei 15 Prozent und berief sich dabei auf eine Auswertung des Analysedienstes Socialbench. Im Durchschnitt bekommen also lediglich 15 Prozent der Fans die Beiträge der einer Fanseite bei Facebook angezeigt.

„Facebook-Fans sind nicht das Eigentum einer Brand, sondern bilden nur die Grundgesamtheit, die diese Brand potenziell direkt erreichen kann“, schreibt die Digitalagentur „Creativ Construction“ in einem Beitrag, der sich mit dem Facebook-Newsfeed beschäftigt. Trotzdem gilt auch: Gute Inhalte werden häufiger geteilt und haben eine entsprechend höhere Reichweite, sie werden von Facebook vermutlich auch an mehr Fans ausgespielt.

Reichweite beim 1. FC Köln vermutlich höher

Betrachtet man die Interaktionsraten der Facebook-Fans vom 1. FC Köln und Bayer Leverkusen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der 1. FC Köln trotz weniger Fans eine höhere Reichweite hat.

Ich habe keine genauen Zahlen über Interaktions- und Like-Zahlen der Accounts und habe mir einige Postings deshalb stichprobenartig angeschaut: Die (meist englischsprachigen) Beiträge auf der Facebook-Seite von Leverkusen haben vergleichsweise geringe Like- und Kommentarzahlen.

Beispiel: Die Meldung vom 3. Januar, dass das Bayer-Team ins Trainingslager geflogen ist, hat 39 Gefällt-mir-Angaben und 3 (!) Kommentare bekommen (Stand 4.1.). Bei anderen Meldungen ist es ähnlich, es gibt natürlich auch Ausreißer nach oben. Dass ein Beitrag vierstellige Gefällt-mir-Angaben bekommt, ist allerdings die Ausnahme.

Beim 1. FC Köln bekommt die Meldung über den Winterfahrplan über 1000 Gefällt-mir-Angaben. Die FC-Postings ziehen eine vielfach höhere Interaktion nach sich, als bei Bayer Leverkusen. Was ebenfalls auffällt: Die Beiträge der Kölner sind für das Netzwerk optimiert geschrieben. In Sachen Social Media machen die Kölner nicht nur auf Facebook, sondern auch auf Instagram, Twitter und Foursquare eine ziemlich gute Figur.

Der Unterschied in den Interaktionsraten scheint enorm – genau darauf kommt es an. Ich würde Bayer Leverkusen deshalb raten: Schaut weniger auf Zahl der absoluten Fans, sondern macht euch Gedanken um die Reichweite und Interaktionsrate, gute Beiträge und Inhalte. Genau das ist nämlich der Sinn solcher Kanäle.


Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Der Autor dieses Beitrags ist Mitglied und Dauerkarteninhaber beim 1. FC Köln.

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